Zusammenfassung
Wie lebte Jesus Jüngerschaft? Was können wir von ihm lernen, wenn es heute darum geht Menschen anzuleiten, ihm nachzufolgen?
Diese Fragen betrachten wir anhand dessen, was Lukas in seiner Biografie über Jesus schreibt. Wir teilen die Geschehnisse dabei in 5 Phasen, die ein einfaches Modell bieten, um zu überprüfen, wo wir selbst und andere gerade in unserer Jesus-Nachfolge stehen. Dazu findest du weiter unten Fragen zu jeder Phase aus zwei Perspektiven: aus der Perspektive „Ich als Jünger von Jesus“ und aus der Perspektive „Ich mache zum Jünger“, d.h. ich helfe anderen, Jesus nachzufolgen.
Für wen sind die 5 Phasen der Jüngerschaft gedacht?
- Nachfolger: Für Menschen, die Jesus nachfolgen und anhand des Vorbilds von Jesus und einiger Reflexionsfragen überlegen möchten, wie ihr nächster Schritt mit Jesus aussehen kann.
- Jüngermacher: Für Menschen, die andere anleiten Jesus nachzufolgen und für diese Personen Anregungen suchen, wie sie sie den nächsten Schritt führen können.
Wie und in welchem Setting kann ich die 5 Phasen nutzen?
- Setting: Die 5 Phasen eignen sich sowohl für ein Gruppen-Setting in der Gemeinde oder einer Gruppe von Jesus-Nachfolgern als auch für 1:1-Treffen und Selbststudium. Das Gruppen-Setting bietet dabei den Vorteil, dass die Antworten der anderen in der Gruppe Anregungen für das eigene Leben geben können.
- Wie nutzen: Das kommt auf die Zeit an, die du zur Verfügung hast. Am nachhaltigsten ist es, wenn du für jede Phase eine eigene Einheit von 60 bis 120 min hast, also fünf Einheiten. Dann kannst du mit der Person oder Gruppe, mit der du die 5 Phasen durchgehst, jeweils die Bibeltexte zu der Phase lesen bzw. überfliegen, gemeinsam die „Schülerversion“ ausfüllen und im Anschluss die Reflexionsfragen miteinander beantworten. Die „Lehrerversion“ und die ausformulierten Überlegungen unten können euch beim Ausfüllen helfen.
Einleitung
Jüngerschaft ist ein viel verwendetes Wort in der Christenheit. Dementsprechend weit gestreut sind die Vorstellungen, die bei diesem Wort mitschwingen. In diesem Artikel beschränken wir uns darauf, was wir im Lukas-Evangelium über Jüngerschaft lernen können.
Um eins klarzustellen, bevor wir dem Lukas-Evangelium hier ein Modell „überziehen“:
Die vier Evangelien erzählen zuerst davon, wer Jesus war. Sie sind Biographien, die sein Leben und seine Lehre beleuchten und ihn als den Menschen darstellen, der die Prophezeiungen und Erwartungen aus den Propheten und Schriften der hebräischen Bibel, d.h. des Alten Testaments, erfüllt.
Gleichzeitig lässt sich an den Evangelien aber beobachten, wie Jesus mit den Menschen umging, die ihm zuhörten und mit ihm Umgang hatten. Besonders im Lukas-Evangelium wird sehr schön greifbar, wie Jesus „Menschen zu Jüngern machte“.
Wie er das tut, untersuchen wir hier in den folgenden Abschnitten.
Du hast in jedem Abschnitt die Möglichkeit zuerst selbst die Abschnitte zu lesen und deine Notizen dazu zu machen. Hierfür gibt es eine „Schülerversion“ der 5 Phasen der Jüngerschaft, in Form einer nicht ausgefüllten Tabelle, die dich durch die einzelnen Phasen führt.
(LINK HIER)
Phase 1: Selber machen – „Ich tue es.“
Bevor ich anderen etwas beibringe, sollte ich es am besten selbst getan haben – andernfalls ist das, was ich ihnen beibringe, reine Theorie. Jesus legte allgemein sehr großen Wert auf die Praxis und betonte immer wieder, dass seine Worte nur dann etwas Gutes in unserem Leben bewirken, wenn wir sie hören, in uns aufnehmen, und Konsequenzen daraus ziehen, die unser Denken und Handeln prägen. Ein Beispiel hierfür liefert Matthäus 7,21-27, wo Jesus zum Ende seiner berühmten Bergpredigt die Zuhörer mit einem plastischen Beispiel auffordert, seine Worte umzusetzen und sie nicht nur zu hören, ohne daraufhin zu handeln
Lies Lukas 3-4: Von welchen Handlungen und Geschehnissen erzählt Lukas hier?
- Umkehr und Buße (3,3-14): Nachdem Lukas von den Geburten von Johannes dem Täufer und Jesus erzählt hat, steigt er mit dem Thema Umkehr und Buße ein. Johannes der Täufer fordert die Menschen seiner Zeit mit harten Worten auf, ihr Leben zu ändern, aufzugeben, was ungerecht, gierig, gewalttätig oder auf andere Art und Weise schlecht ist, und sich neu auf Gott auszurichten, indem sie in Zukunft gerecht und gut leben. Mit dieser Richtungsänderung (Umkehr) geht auch eine Buße einher, also ein Bereuen, wie die Menschen bis dahin lebten und Wiedergutmachung dessen, was sie wieder gut machen können. Wir sehen nicht, dass Jesus solche eine Umkehr und Buße vollzieht, denn er hatte sie nicht nötig. Er lebte bereits gerecht und auf Gott ausgerichtet
- Taufe (3,3; 3,21-22): Im Rahmen der Umkehr und Buße lässt sich das ganze Volk, das zu Johannes kommt, taufen, mit der Bitte an Gott, ihnen ihre Schuld und Schulden zu vergeben. Auch Jesus reiht sich ein in die Reihe der Täuflinge. Er setzt damit ein Statement: auch er muss durchs Wasser gehen, im Bild gesprochen „sterben“, und neu werden. Geschichten wie die Flut bei Noah (1. Mose 6-9) oder der Zug des Volkes Israel, nachdem Gott sie von einem tyrannischen Herrscher befreit hat (2. Mose 13,17-14,31) klingen hier in der Handlung der Taufe an.
- Empfang des Heiligen Geistes (3,22): Neu ist, was hier zusätzlich zur Taufe passiert. Das gab es in der Geschichte Israels vorher noch nie. Ein Mensch wird mit dem Geist Gottes erfüllt. Und dazu kommt noch eine Stimme vom Himmel, die Jesus als geliebten Sohn Gottes anerkennt, an dem Gott sich freut (vgl. Psalm 2; 1. Mose 22; Jesaja 42).
- Versuchung überwinden (4,1-13): Wie Mose und das Volk Israel vierzig Jahre in der Wüste waren, so führt der Heilige Geist Jesus auch in die Wüste – allerdings „nur“ vierzig Tage lang. Dort wartet ein „Ankläger“ auf ihn, auch als Teufel bekannt, und prüft ihn aufs härteste. Aber erfolglos: der Teufel schafft es nicht, Jesus dazu zu bewegen, dass er sich gegen Gott wendet und gegen das, was Gott gut heißt.
- Anfeindung und Widerstand überwinden (4,16-30): Gerade war es eine geistliche Macht, die Jesus auf die Probe stellte, nun erlebt er, wie Menschen rasend zornig werden über das, was er lehrt, und ihn dafür töten möchten. Jesus übersteht die Situation – wie und wodurch ist nicht so ganz klar – und verfolgt weiter seinen Gott-gegebenen Auftrag.
- Verkündigung des Evangeliums (LINK zu Artikel zu Evangelium?) (4,15-21; 4,31-37): Als Wanderprediger zieht Jesus von Stadt zu Stadt. In diesen Städten geht er für gewöhnlich in die Synagoge, den Versammlungs-, Lehr- und Gottesdienst-Ort der Juden. Dort lehrt er. Was er lehrt, das finden wir an verschiedenen Stellen in allen Evangelien. Im Markusevangelium findet sich eine prägnante Formulierung: „Die Zeit ist erfüllt, und das Reich Gottes ist nahe. Tut Buße und glaubt an das Evangelium!“. Oder anders ausgedrückt: Jetzt geht’s los. Gottes Königsherrschaft und Nähe kommt auf ganz neue Art und Weise auf die Erde. Bereitet euch dafür vor und glaubt dieser Botschaft.
- Heilungen und Befreiungen (4,33-36; 4,38-41): Jesus kommt mit Autorität und Macht. Diese setzt er ein, um Menschen in Ihren Nöten und Bedürfnissen zu helfen. Seine Zeitzeugen berichten davon, dass Jesus Menschen von Krankheiten heilte und von geistlichen Mächten befreite, die hier als Dämonen benannt werden. Keine Krankheit oder Macht kann sich ihm entgegenstellen, so stark ist er.
So weit der erste Teil: Jesus tut alle diese Dinge selbst. In den nächsten Phasen werden wir sehen, wie seine Jünger diese Dinge miterleben und dann selbst ausüben.
Reflexionsfragen zu „Phase 1: Selber machen“ als Jünger Jesu:
- Was habe ich selbst bereits umgesetzt von dem, was Jesus tat und lehrte?
- Was ist mir bewusst, was ich noch nicht lebe?
- Was möchte ich aktuell lernen zu tun oder zu verstehen?
- Was sollte ich lernen, was mich Überwindung kostet?
Wenn du andere anleitest Jesus nachzufolgen:
Schreibe dir eine bis maximal drei Personen auf, die du aktuell begleitest.
In jeder Phase findest du Fragen, die du anhand dieser Person(en) beantworten kannst und die dir hoffentlich helfen, sie anzuleiten. Für die erste Phase sind die Reflexions-Fragen als Jünger-Macher dieselben wie als Jünger.
Aufforderung 1: Komm und sieh!
Oft ändert sich der aktuelle Zustand in einer Beziehung nicht von selbst grundlegend. In Partnerschaften kommt es unter Umständen zu einer Verlobung oder Hochzeit. Am Arbeitsplatz gibt es Beförderungen oder Stellenwechsel. Solche Schritte werden aktiv eingeleitet. Ebenso ist es in der Jüngerschaft. Erst mit konkreten Aufforderungen oder Herausforderungen ändert sich der aktuelle Zustand.
Solche Aufforderungen und Herausforderungen gibt Jesus immer wieder und bringt damit seine Jünger auf ein neues Level im Umgang mit ihm.
Den Start macht die persönliche Aufforderung von Jesus, ihm nachzufolgen. Im Johannesevangelium ist diese Aufforderung besonders prägnant: Zu zwei Männern, die davor Johannes dem Täufer gefolgt waren, und neugierig zu Jesus kommen, sagt er „Kommt und seht!“ (Joh. 1,39) und ab da sind sie mit ihm unterwegs. An anderen Stellen fordert er Menschen mit einem „folgt mir nach!“ auf, mit ihm zu ziehen (Mt. 4,19; Mk. 1,17). Aus interessierten Zuschauern werden in diesem Moment Beteiligte. Diese Beziehung als Schüler/Jünger eines Rabbis, eines geistlichen Lehrers, wie Jesus es auch war, beinhaltete immer die Erwartung, dass der Schüler so werden wollte wie der Rabbi. Der Jünger wollte wissen, was der Rabbi wusste, und handeln, wie der Rabbi handelte.
In diese Beziehung lud Jesus Menschen ein. Diese Haltung nahmen sie ein, wenn sie sein „folge mir nach“ bejahten. Und diese Haltung sind wir heute eingeladen, Jesus gegenüber einzunehmen, wenn wir mehr als Interessierte sein wollen und uns entscheiden, ihm nachzufolgen.